Sonntag, 20. Oktober 2013

Von übelriechenden Stürmen im Internet

"Allen Leuten recht getan, ist ein Ding das niemand kann." Mit dieser Lebensweisheit wurde ich von Kindesalter an beglückt. Dass dieses einfache Sprichwort nicht mehr dem Zeitgeist entspricht, möchte ich euch in meinem heutigen Post aufzeigen.

Bei all der Herrlichkeit um all die tollen neuen Möglichkeiten des Internets, mit den Kunden in permanentem Kontakt zu stehen und zu einem Mehrwert beizutragen, möchte ich mich auch einmal in die Lage der betroffenen Unternehmen versetzen und zeigen dass nicht immer alles eitel Sonnenschein ist.

Ich will nicht dem digitalen Dialog, wie ihn Herr Maurer im Unterricht vom 18.10.13 beschrieben hat, die Fähigkeit zu einer laufenden Verbesserung beizutragen absprechen. Was mir aber sauer aufstösst: Die Verbraucher entwickeln sich immer wie mehr zurück zu Kleinkindern, die bei jeder Gelegenheit ihren Willen durchsetzten wollen. Nicht jede Kritik ist objektiv und angebracht. Nichtsdestotrotz muss jeder dieser Verbraucher quasi mit Samthandschuhen angefasst werden, damit es nicht zu einem Shitstorm kommt.


Shitstorm - das Wort des Jahres 2012. Was bedeutet dieses unschöne Wort überhaupt? Xeit (2011) bezeichnet den Begriff als gezieltes Vorgehen, bei welchem zahlreiche User öffentlich Kritik aneinen Konzern, ein Produkt oder an Einzelpersonen ausüben. Wie gesagt muss diese Kritik nicht zwingend sachlich sein. Es handelt sich um ein Druckmittel mit einer hohen Reichweite, das sich im Web 2.0 (oder 20XX oder wie auch immer) am besten entfaltet.

Noch einmal zum Verständnis: Ich finde die Möglichkeit, sachlich etwas zu kritisieren, nicht nur gut, sondern sehr wichtig. Sie deckt sich mit einem unserer wichtigsten Rechte - dem Recht auf freie Meinungsäusserung. Wenn jedoch persönliche Differenzen oder sich unterscheidende Vorlieben die Grundlage für einen Shitstorm bilden, hört für mich der Spass auf. Ich denke nicht, dass der Grundsatz, dass zahlreiche User für einem Shitstorm benötigt werden, immer davon schützen kann, dass die Objektivität verletzt wird. Man muss nur genügend Leute finden, die gleich denken und schon kann es losgehen.

Um einen Shitstorm zu überstehen, empfiehlt es sich bereits im Voraus nach Verbündeten zu suchen, die im Fall der Fälle als eine Art neutraler Fürsprecher auftreten. Ausserdem sollte man sich nach Möglichkeit persönlich an Kritiker wenden und möglichst objektiv versuchen, eine Lösung für den Konflikt zu finden. Von offensiven Kontern oder dem Löschen von Posts wird abgeraten (Rumohr, 2012).

Möglicherweise übertreibe ich es ja auch bei meiner Wahrnehmung. Was ich aber zu bedenken geben möchte ist, dass auch die Mitarbeitenden von betroffenen Unternehmungen Konsumenten und Anspruchsgruppen sind. Man kann nicht einfach immer wie mehr verlangen, ohne zu überlegen, was eigentlich dahinter steckt. Ich wage es zu behaupten, dass niemand perfekt ist und jeder schon mal einen Fehler bei irgendeiner Formulierung gemacht hat, die falsch verstanden wurde. Wann ist ein Shitstorm gerechtfertigt? Was denkt ihr dazu? Zögert nicht, in den Kommentaren Beispiele von Shitstorms zu nennen, die ihr für gerechtfertigt oder ungerechtfertigt haltet.

So long,
Silvano

Literatur:




2 Kommentare:

  1. Einen Shitstorm loszutreten ohne einen gewichtigen Anlass ist nicht möglich. Da reichen zwei, drei Kollegen nicht. In meinem Buch Digital Marketing behandele ich das Thema eingehend und weise darauf hin, dass Shitstorm und eine virale Kampagne viele Gemeinsamkeiten, resp. dieselben Mechanismen benötigen und in Gang gesetzt werden müssen, damit ein bemerkenswerter Effekt eintritt. Nur Bösartigkeiten, dem Mobbing ähnliche Attacken reichen nicht aus, um die Massen zu bewegen. Damit aber etwas in Gang kommt, braucht es die Masse. Zugegeben, manchmal oder gar immer verselbstständigen sich die Dinge. Doch verschiedene Beobachtungen zeigen auch in solchen Fällen, dass am Vorwurf oder an der Kritik viel Wahres dran war.

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    1. Vielen Dank für den Hinweis. Ich werde das in Ihrem Buch gerne noch genauer nachlesen. Wahrscheinlich erscheint es nach meinem Post zu stark so, dass schon vergleichsweise unbedeutende persönliche Elemente zu Shitstorms führen können. Mir ist durchaus bewusst, dass Mobbing alleine noch nicht ausreicht. Was ich für problematisch halte liegt vor allem in der Wahrnehmungsdifferenz von Sender und Empfänger. Wer heute nicht aufpasst, riskiert sehr schnell, dass etwas in seine Aussage hinein interpretiert wird. Sehen Sie sich folgendes Beispiel von dem Videospielhersteller Crytek an: http://www.pcgames.de/Ryse-XboxOne-257300/News/Ryse-Son-of-Rome-Crytek-Tweet-ueber-Crunch-Time-sorgt-fuer-Shitstorm-1092852/. Dürfen die Initianten des Shitstorms hier wirklich über Crytek urteilen? Kennen sie die Standards der Industrie? Ich sehe ein, dass der Shitstorm einen Missstand in der Branche anspricht. Das Problem betrifft aber mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht nur Crytek alleine und deshalb ist es für mich nicht in Ordnung, die Wut auf das erstbeste Ziel zu konzentrieren.

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